Die klassische Sicht (Melchior Schwarzenberg - 1535) |
Dem kosmologischen Argument zufolge ist Gott der unbewegte Beweger (Aristoteles), also die
erste Ursache, die den gesamten
Ablauf der Ereignisse der Entstehung der Welt ausgelöst hat. Wenn es aber tatsächlich
zutrifft, dass jedes Ereignis eine Ursache hat, dann es ist ein Widerspruch,
gleichzeitig anzunehmen, dass es eine Erstursache aller Ereignisse gibt, „denn
die Erstursache ist ja gerade definiert als etwas, für das es keine weitere
Ursache gibt, d.h. wenn es wirklich eine Erstursache gibt, dann kann es eben
nicht für alles eine Ursache geben.“
Dem kosmologischen Beweis gelingt es also nicht, die
Existenz eines göttlichen Wesens im Sinne eines einzigen, ewig existierenden
Ursprungs der Welt zu begründen.
Demgegenüber geht der teleologische Beweis nicht bloß von
der Tatsache gibt, des es eine Welt
gibt, sondern er knüpft ganz bewusst an zwei besondere Eigenschaften der tatsächlich existierenden Welt an, zum
einen die gesetzmäßige Ordnung und zum anderen die biologische Zielgerichtetheit
zahlloser innerweltlicher Erscheinungen. Dem teleologischen Argument zufolge
ist die Annahme eines Schöpfergottes die bestmögliche Erklärung für das
Vorhandensein dieser beiden Eigenschaften in der Welt.
David Hume (1711 - 1776) |
In der Rahmenhandlung des Werkes, einem Brief, der dem Werk
vorausgeht, erklärt der Erzähler Pamphilus dem Adressaten Hermippus, er wolle
das Thema der Natur Gottes in Form des Dialoges seines Ziehvaters Cleanthes mit
den beiden anderen Gesprächspartnern Demea und Philo abhandeln.
Ausgangspunkt des teleologischen Argumentes ist der Versuch,
für die Erscheinungen von gesetzmäßiger Ordnung und biologischer
Zielgerichtetheit in der Welt eine überzeugende Erklärung zu finden. Hume
beschreibt diesen Gedanken mit folgenden Worten: „Die erstaunliche Art und
Weise, wie Mittel und Zwecke in der ganzen Natur auseinander abgestimmt sind,
findet sich genauso – wenngleich nicht in einer derartig starken Ausprägung –
bei den Produkten menschlicher Tätigkeit: menschlicher Planung, Erfindung,
Klugheit und Intelligenz. Da also die Wirkungen einander gleichen, gelangen wir
nach allen Regeln der Analogie zu dem Schluss, dass auch die Ursachen einander
gleichen und dass der Urheber der Natur dem Geist des Menschen einigermaßen
ähnlich ist – wenngleich er, der Erhabenheit seines Werkes entsprechend, im
Besitz viel größerer Fähigkeiten sein muss“ (Hume, 24).
So wie also viele geordnete und zielgerichtete Phänomene in
der Welt auf eine Planung und Herstellung durch intelligente menschliche Personen zurückgeht, muss
die Welt als solche auf die Planung und Herstellung durch eine göttliche Person zurückgehen. Gegen
dieses Argument bringt Hume mehrer Einwände vor:
Der Kölner Dom (vollendet 1880): Großartig, aber nicht vergleichbar mit der Welt als Ganzer |
Zunächst seinen einzelne Produkte menschlicher Herstellung – und seien sie noch so großartig – mit der Welt als Ganzer zu vergleichen. Die Unterschiede beider Phänomene sind zu gewaltig.
Kein Produkt menschlicher Herstellung – und schon gar nicht
die Gesamtheit sämtlicher menschlicher Artefakte – ist in all seinen
Voraussetzungen und Bauteilen von einem einzigen Menschen geschaffen worden.
„Das teleologische Argument gibt uns also keinerlei Grund, die Einheit eines göttlichen Weltschöpfers
anzunehmen. Wir müssten vielmehr auf die Existenz einer ganzen Anzahl
göttlicher Wesen schließen, die für die diversen Erscheinungen von Ordnung und
Zielgerichtetheit in der Welt verantwortlich sind.“
Kein menschlicher Baumeister oder Erfinder muss sich während
der Herstellung seines Produktes seines Körpers bedienen. Außerdem ist jeder
Mensch sterblich – und viele menschliche Erzeugnisse überleben ihren Hersteller
sogar. Die Körperlosigkeit sowie die Ewigkeit eines göttlichen Schöpfers werden
durch die Analogie des teleologischen Arguments gerade nicht bewiesen. Vielmehr
gelangt man, „unvermeidlich zu einem recht anthropomorphen … Gottesbild, das
unserem traditionellen monotheistischen Gottesbild nur teilweise entspricht.“
Hume nähert sich in seiner Argumentation der noch
unbekannten Evolutionstheorie an: „Ein Baum verleiht dem Baum, der aus ihm hervorgeht,
Ordnung und Struktur. Gleiches gilt für ein Tier und seine Jungen“ (Hume, 73).
Weil also die Lebewesen durch organisches Wachstum bzw. Zeugung entstehen,
fanden auch „sämtliche Mythen des Altertums diese Analogie so auffällig, dass
sie den Ursprung der Natur ausnahmslos aus Geburt und Zeugung ableiteten“
(Hume, 75).
Letztlich verdankt sich jeder Mensch im Unterschied zu den
von ihm geschaffenen Produkt gerade nicht „dem Prinzip der Planung, sondern dem
Entstehungsprinzip der Zeugung.“ Wenn
man also die Entstehung eines organischen Wesens beliebig weit zurückverfolgt,
verbleibt man stets bei dem Prinzip der Zeugung. Muss also nicht unter diesen
Umständen die Annahme, dass die Welt als Ganze sich ausgerechnet dem
Planungsprinzip, also einem intelligenten Schöpfergott, verdankt, als „völlig
willkürlich“ (Hume, 74) bezeichnet werden.
Darwins´ Evolutionstheorie - eine plausible Erklärung für die vielfältigen Erscheinungen der Welt |
Aus heutiger Sicht muss man ergänzen, das unser wissenschaftliche Weltbild schließlich für manche – auf den ersten Blick wahrlich erstaunliche – Phänomene natürliche Erklärungen gefunden hat. Das beste Beispiel ist wohl die biologische Evolutionstheorie, die eine plausible Erklärung dafür bietet, wie es auf der Erde zu den vielfältigen Erscheinungen von Zielgerichtetheit im Bereich des Organischen kommen konnte.
Zitate
aus: Norbert Hoerster: Die Frage nach Gott, München 2010 - Weitere
Literatur: David Hume: Dialoge über natürliche Religion, Stuttgart 1981 - siehe schon: Emile Cioran und der Skandal der Schöpfung
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