Der römische Philosoph Lucius Annaeus Seneca gehört
zu den bekanntesten Vertretern der antiken Philosophenschule der Stoa. Die Stoiker
fordern vom Menschen, sich in die Ordnung der Natur und des Kosmos einzufügen
und sich nicht von den Affekten beherrschen zu lassen.
Seine philosophischen Schriften – vor allem Vom glückseligen Leben (58-59 n.Chr.) und
die Briefe an Luculius (62-65 n.Chr.)
- beschäftigen sich daher vornehmlich mit dem Weg zum Glück und einer richtigen
und vernünftigen Lebensführung.
Wie andere Philosophen vor ihm –
beispielsweise Cicero und Aristoteles – behandelt auch Seneca häufig das Thema der
Freundschaft, bzw. der richtigen Freunde.
Im 9. Brief an Luculius beschäftigt sich
Seneca mit der Frage des Luculius, ob Epikur zu Recht die Philosophen tadelt,
die den Grundsatz vertreten: "Der Philosoph ist sich selbst genug, er
braucht keine Freunde."
Dagegen wendet Seneca ein: „Der Weise
wünscht, auch wenn er sich selbst genügt, doch einen Freund zu besitzen, wäre es
auch aus keinem anderen Grund, als um die Freundschaft zu üben, damit eine so
große Tugend nicht brach liege.“
Es geht bei der Freundschaft also nicht
darum, jemanden zu haben, der – wie Epikur behauptet - bei einem sitzt, wenn
man selbst krank ist, oder der einem helfen kann, wenn man selbst in Not ist,
sondern genau um das Gegenteil, also darum, „jemanden zu haben, an dessen
Krankenlager er selbst sitzen, den er, von feindlichen Wachen umgeben, befreien
könne.“
Epistulae morales ad Lucilium (Paris, 1887) |
Seneca spricht sich damit in aller
Deutlichkeit gegen die „nützlichen Freundschaften“ aus: „Wer des Nutzen wegen
zum Freunde genommen worden ist, wird so lange gefallen, als er sich nützlich
machen wird.“ Aus diesem Grund könne man auch gut beobachten, dass die
Glücklichen und Erfolgreichen stets von einem Schwarm von „Freunden“ umgeben
sind. Sobald diese aber auf die Probe gestellt würden, machten sich die „Freunde“
schnell davon.
Dies sei keine Freundschaft, sondern „Spekulation,
die ihrem Vorteile nachgeht und berechnet, was sie gewinnen wird.“
Welche Vorstellung von Freundschaft ist also
die Richtige? Seneca zweifelt nicht an einer Antwort: Man solle an die
Freundschaft herantreten „wie zu einem Gegenstand von höchster Schönheit“, die
sich weder von Gewinnsucht beherrschen lasse noch vom Wechsel des Schicksals
erschrecken ließe. Wer also Wie soll man
also die Freundschaft nur „für die Fälle des Glücks stiftet“, der „entkleidet
die Freundschaft ihrer erhabenen Würde.“
Zitate
aus: Seneca: Vom glückseligen Leben, Stuttgart 1978 (Kröner), hier: Moralische
Briefe an Luculius, 9. Brief. S. 198ff.
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