Sonntag, 29. April 2012

Friedrich August von Hayek und die Planwirtschaft

Im Jahre 1947 hält Friedrich August von Hayek im österreichischen Alpbach einen Vortrag mit dem Titel „Der Mensch in der Planwirtschaft.“ Auch wenn seitdem mehr als 60 Jahre vergangen sind, lohnt sich ein kurzer Blick auf den Vortrag, der gut Hayeks politische Moral vermittelt.

Friedrich August von Hayek (1899 - 1992)

Hayeks Kernthese lautet, dass geplante Wirtschaft und politische Demokratie unvereinbar sind. Wirtschaft, so sagt Hayek, ist kein selbstständiges Gebiet mit eigenen Zwecken, sondern die „Verwaltung der Mittel für alle unsere verschiedenen Zwecke, die in letzter Instanz nie selbst wirtschaftlich sein können.“

Die Vertreter der  Planwirtschaft müssen sich daher im Klaren sein, dass ihr Wirtschaftssystem zunächst ein „vollständiges Moralsystem“ voraussetzt und anschließend zu einer Kettenreaktion immer weiterer Eingriffe führe. Und dies allerdings bedingt eine entscheidende Begrenzung für die Demokratie.

In seinem Buch „Der Weg zur Knechtschaft“ (1944) hatte Hayek diesen Gedanken bereits etwas genauer erläutert. Alle Formen der Planwirtschaft haben gemeinsam, dass sie im Gegensatz zum Liberalismus und Individualismus die Gesellschaft als Ganzes und alle ihre Produktivkräfte im Hinblick auf "ein einziges Ziel organisieren und keine autonomen Sphären anerkennen wollen, in denen die Wünsche der Individuen ausschlaggebend sind. Kurz, sie sind totalitär im wahrsten Sinne diesen Wortes“ (83).

Dagegen wendet Hayek ein, dass die Wohlfahrt eines Volkes wie das Glück eines einzelnen Menschen „von sehr vielen Dingen abhängt, für die unendlich viele Variationsmöglichkeiten bestehen.“ Das Gemeinwohl kann somit nicht angemessen als ein einziges Ziel beschrieben werden, sondern nur „als eine Stufenfolge von Zielen, eine umfassende Wertskala, auf der jedes Bedürfnis jedes Einzelnen seinen Platz erhält“ (ebd.).

Würden wir alle unsere Handlungen nach einem einzigen Plan ausführen wollen, so müsste dies unter der Bedingung geschehen, dass jedem einzelnen unserer Bedürfnisse ein bestimmter Platz in einer bereits feststehenden und natürlich vollständigen Wertordnung zugewiesen wird.

Kurz gesagt, „dies setzt das Vorhandensein eines vollständigen Moralkodex voraus, in dem alle die verschiedenen menschlichen Werte den ihnen gebührenden Platz erhalten“ (ebd.).

In seinem Vortrag argumentiert Hayek dementsprechend, dass nur dann Demokratie überhaupt möglich ist, wenn wir „die Tätigkeit des Staates auf die Fragen und Gebiete beschränken, wo über das, was geschehen soll, unter der Mehrheit der Bevölkerung Übereinstimmung besteht oder durch Diskussion erreicht werden kann.“

Zwar stellt Demokratie für Hayek nicht im selben Maße wie die individuelle Freiheit einen letzten Wert dar, sie ist aber „in der Regel eine Garantie der persönlichen Freiheit, d.h. ein Hindernis für eine tyrannische Anwendung der Staatsgewalt, und deshalb ungeheuer wichtig (…) Ein alter englischer Spruch sagt, dass es besser sei, Köpfe zu zählen als sie einzuschlagen.“

Hayek gefällt das Bild Wilhelm Röpkes, wonach der Unterschied zwischen Marktwirtschaft und Planwirtschaft darin besteht, dass die letzte Instanz im ersten Falle der Gerichtsvollzieher, im zweiten Falle aber der Scharfrichter sei. 

Passenderweise verwendet Hayek im "Weg zur Knechtschaft" das berühmte Zitat Hölderlins, um "die große Illusion" des Sozialismus und seiner Planwirtschaft zu entlarven: "Immerhin hat das den Staat zur Hölle gemacht, dass ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte" (Hyperion I,1).

Die wirtschaftspolitischen Konsequenzen dieser Argumente hatten bereits ein knappes halbes Jahr vorher zu Gründung der Mont Pelerin Society geführt. Hier gibt sich Hayek sehr moderat, denn die Alternative zur Planwirtschaft sei nicht „Laissez-faire“, sondern Ordnungspolitik, die positive Maßnahmen der Regierung nötig mache: „Das Problem der `Ordnung der Wirtschaft´ … ist eine der wichtigsten Aufgaben, die sich der menschliche Geist heute stellen kann und von deren Lösung unendlich viel abhängt.“

Diese Worte haben auch mehr als 60 Jahre später nichts von ihrer Wahrhaftigkeit und Aktualität eingebüßt.


Literatur: Friedrich August von Hayek: Der Mensch in der Planwirtschaft, in: Simon Moser (Hg.): Weltbild und Menschenbild. Internationale Hochschulwochen des österreichischen College Alpbach-Tirol, Innsbruck-Wien 1948 (Tyrolia-Verlag) -- Friedrich August Hayek: Der Weg zur Knechtschaft, München 2007 (Olzog) -- Hans Jörg Hennecke: Friedrich August von Hayek. Die Tradition der Freiheit, Düsseldorf 2000 (Verlag Wirtschaft und Finanzen)

Ein unterhaltsame Beitrag zum Thema ist der folgende Video - ein Rap-Duell zwischen Hayek und Keynes ...



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