Albert Camus (1913 - 1960) |
Neben dem „Mythos von Sisypos“ (1942) ist es vor allem das
zweite philosophische Hauptwerk „Der Mensch in der Revolte“ (1951), das Camus berühmt
machte.
Ausgangspunkt von Camus Denken ist das Absurde. Damit
beschreibt Camus eine unvermeidbare Grundgegebenheit des menschlichen Daseins:
„Es ist die unüberbrückbare Zerrissenheit
und Gespaltenheit, die Ambivalenz und Sinnlosigkeit, die der Mensch im
Verlauf seines Lebens immer wieder erlebt und von der er erschüttert wird.“
Obwohl in der menschlichen Natur das Streben nach Sinn und
Einheit, nach Klarheit und dem Absoluten tief verankert ist, muss der Mensch
bei der Suche nach einem weltimmanenten Sinn, der das Leben rechtfertigen
könnte, permanent scheitern. „Alle an Vernunft orientierten Reflexionsprozesse
erweisen sich als Scheinrechtfertigungen, die es im Sinne von Nietzsche zu
destruieren gilt, um sich die paradoxe und absurde Daseinssituation bewusst vor
Augen zu stellen.
Der Mensch kann sich nur darüber gewiss sein, dass er in der
Welt existiert, die Frage warum er
existiert, ist nicht zu beantworten, der tiefere Sinn der Existenz bleibt im
Dunkeln.“
Nun könnte man natürlich die Frage stellen, ob es angesichts
der Absurdität des Lebens nicht besser wäre, Selbstmord zu begehen. Camus gibt
darauf in einem Tagebucheintrag eine klare Antwort: „Es gibt für den Menschen
keine Freiheit, solange er seine Angst vor dem Tod nicht überwunden hat. Aber
nicht durch Selbstmord. Um zu überwinden, darf man sich nicht aufgeben. Mit
offenem Visier sterben, ohne Bitterkeit.“
Prometheus (Rubens, 1577 - 1640) |
Diese ständige Auflehnung gegen das Absurde ist die Revolte, dessen mythische Symbolfigur Camus in Prometheus gefunden hat, dem ewigen Rebell, der sich um das Wohl der Menschen kümmert und sich deshalb mit den Göttern verfeindet.
So besteht die metaphysische Revolte
zunächst darin, „dass der Mensch an der transzendenten Sinngebung seiner
Existenz zu zweifeln beginnt und gegen die transzendente Rechtfertigung des
Leidens und des Sterbens revoltiert.“
Die Revolte gegen das Absurde und die Ungerechtigkeit kann jedoch auch ins Negative pervertieren, indem sie zur metaphysischen Revolution degeneriert. Aus der Einsicht, dass Gott keine gerechter Gott sein kann, erhebt sich nun der Mensch zur letzten Sinn-Instanz und zum Herrn über Tod und Leben. Am Beispiel des Caligula zeigt Camus auf, dass die zur metaphysischen Revolution verkommene Revolte nur zu diktatorischer Willkür und zur Legitimierung des Mordes führen kann.
Die Revolte gegen das Absurde und die Ungerechtigkeit kann jedoch auch ins Negative pervertieren, indem sie zur metaphysischen Revolution degeneriert. Aus der Einsicht, dass Gott keine gerechter Gott sein kann, erhebt sich nun der Mensch zur letzten Sinn-Instanz und zum Herrn über Tod und Leben. Am Beispiel des Caligula zeigt Camus auf, dass die zur metaphysischen Revolution verkommene Revolte nur zu diktatorischer Willkür und zur Legitimierung des Mordes führen kann.
Auch bei der historischen Revolution wird anstelle Gottes die
Geschichte als Legitimationsinstanz für gewaltsamen, politischen und
wirtschaftlichen Umsturz in einer Gesellschaft in Anspruch genommen.
Camus Gedanke der Revolte wendet sich also gerade gegen die revolutionären Ideologien, „in denen das Individuum um einer behaupteten höheren Einheit,
Ganzheit oder Totalität willen instrumentalisiert und abgewertet wird."
Camus argumentiert gleichermaßen gegen die Verabsolutierung
des Staates bei Hegel sowie der Geschichte bei Marx.
Es verwundert nicht, dass Camus´ Werk „„Der Mensch in der
Revolte“ zum Bruch mit dem zweiten großen französischen Existentialisten, Jean
Paul Sartre. Camus offenbart sich hier als klarer Anti-Kommunist und
Totalitarismus-Kritiker. In klarem Gegensatz zu Sartre kritisiert Camus den
Marxismus-Leninismus als inhumanen und freiheitsfeindlich und verurteilt das
stalinistische Herrschaftssystem in der Sowjetunion.
Im Sinne der Totalitarismus-Theorie werden „Charakteristika dieser totalitären Ideologien und Herrschaftssysteme
hervorgehoben: `Terror, utopischer, revolutionärer Messianismus, Führerprinzip,
Unterwerfung des Individuums unter eine dogmatisierte ganzheitliche
Zukunftsversion´.“
Camus unterstreicht, dass den revoltierenden Menschen ein
elementares Streben nach Gerechtigkeit auszeichnet, ohne dass er jedoch einem
Gerechtigkeitsfanatismus verfällt. Die konsequente Ablehnung von Extremismus,
Absolutismus, Utopismus und Perfektionismus führt Camus zu einem
gradualistischen Humanismus.
Die Begegnung mit dem Absurden bleibt das ständige Schicksal
des Menschen. Trotzdem ist das Leben nicht sinnlos, „denn die Revolte
ermöglicht es, trotz des unaufhebbaren Leidens, der Ungerechtigkeit und des
Mordens in der Welt, zumindest ein gewisses Maß an Humanität in die
Gemeinschaft der Menschen einzubringen.“
Sisyphos wird auf diese Weise zum „Held des Absurden“, weil er „in Verachtung der Götter“, „Hass gegen den Tod“, „Liebe zum Leben“ und mit „menschlicher Selbstsicherheit“, Würde und Stolz sein eigenes Los auf sich nimmt
„Darin besteht die verborgene Freude des Sisyphos. Sein
Schicksal gehört ihm. Sein Fels ist seine Sache (…) Darüber hinaus weiß er sich
als Herr seiner Tage (…)
Ich verlasse Sisyphos am Fuße des Berges! Seine Last findet
man immer wieder. Sisyphos jedoch lehr uns die höhere Treue, die die Götter
leugnet und Felsen hebt. Auch er findet, dass alles gut ist (…)
Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen.
Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
Zitate aus: Albert Camus: Der Mythos
des Sisyphos, Reinbek 2005 (Rowohlt)
- Albert Camus: Der Mensch in
der Revolte, Reinbek 1969 (Rowohlt)
- Kurt
Salamun: Wie soll der Mensch sein? Philosophische Ideale vom `wahren´ Menschen
von Karl Marx bis Karl Popper, Tübingen 2012 (Mohr Siebeck)
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