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Donnerstag, 7. Januar 2021

Marco Wehr und die Moralapostel


Scheinheiligkeit ist keine Erfindung unserer Zeit, gleichwohl sind scheinheilige Doppelbödigkeit im Denken und Handeln auch in angeblich so modernen und fort-schrittlichen Gesellschaften eine „diskursive Konstante." 

Das Phänomen des selbsternannten Moralapostels ist vermutlich genauso alt wie die Moral selbst. Menschen, die meinen, sie haben die Wahrheit und die richtige Moral gepachtet, gab es zu allen Zeiten und die mit ihnen unweigerlich verknüpfte Scheinheiligkeit wohl auch – wie Marco Wehr, Gründer des philosophischen Labors in Tübingen, in seinem Vortrag „Wer fühlt, hat Recht“ hervorragend darstellt.

Marco Wehr

Ein von Marco Wehr dargestelltes Beispiel für scheinheilige Doppelmoral ist die Kolumnistin der Berliner tageszeitung, Hengameh Yaghoobifarah, „die in einem ihrer Artikel darüber nachdenkt, was man mit den 250 000 Polizisten machen sollte, falls die Polizei abgeschafft würde. Bekanntlich plädierte sie dafür, Polizistinnen und Polizisten auf der Müllhalde zu entsorgen. Dort wären sie nur von Abfall umgeben. Das wäre perfekt, da sie sich unter ihresgleichen am wohlsten fühlen würden.“

An anderer Stelle rät Yaghoobifarah, „Polizisten und Polizistinnen von Baumärkten, Tankstellen oder Kfz-Werkstätten fernzuhalten. Dort könnten sie Bomben und Brandsätze bauen. Die Botschaft dieser Zeilen ist klar: Alle Polizisten sind für Yaghoobifarah potenzielle Attentäter.“

Yaghoobifarah schüttet Hass und Häme aber nicht nur über der Polizei aus, auch Deutsche werden von ihr nur“Kartoffeln“ bezeichnet und in dem Artikel “Deutsche, schafft Euch ab!“ spricht sie von der “deutschen Dreckskultur“.

Die doppelbödige Scheinheiligkeit, um die es Marco Wehr im Fall von Yaghoobifarah geht, betrifft zunächst die taz selbst. „Man wundert sich, dass die Autorin in der taz eine Plattform bekommt. Die ihr zugestandene Toleranz gewährt die Zeitung nämlich nicht jedem. 2017 vergriff sich der AfD-Politiker Alexander Gauland im Ton. Er hoffte, die SPD-Politikerin Aydan Özuguz, die bezweifelt hatte, dass es eine deutsche Leitkultur gibt, in Anatolien “entsorgen“ zu können. Die taz kritisierte darauf die entmenschlichende Sprache Gaulands und zieht die Schlussfolgerung, dass AfD-Spitzenpolitikern die verbalen Grenzen zum Faschismus schnuppe sind. Die eine will Menschen auf dem Müll entsorgen, der andere eine Frau in Anatolien. Beides darf man als niveaulos bezeichnen. Beides sollte man auch in gleicher Weise unterbinden.“

Es dürfte kaum verwundern, dass die geschmacklosen Aussagen von Hengameh Yaghoobifarah zu extremer öffentlicher Empörung. Nun aber wurde die eigene „Inkonsistenz von Reden und Handeln“ überdeutlich, als die von ihre so herab-gewürdigte Polizei von ihr selbst um Personenschutz gebeten wurde. „Die kleinlaut gewordene Journalistin fühlte sich dem gewaltigen Shitstorm, den sie mit ihrem Artikel ausgelöst hatte, nicht mehr gewachsen.“

Natürlich sei eine solche Form abstoßender Doppelmoral keine exklusive Eigenschaft des linken oder linksradikalen Milieus. „Man findet sie mit der gleichen Selbstverständlichkeit in allen Teilen der Gesellschaft.“

Wie aber kommt es zur „Verengung des Wahrnehmungsfeldes“? Marco Wehr verweist auf ein bei YouTube aufgezeichnetes Gespräch mit Yaghoobifarah, in der sie gesteht, „dass sie nur noch in ihren `Bubbles´ lebt, wenn die Schwermut an sie herankriecht.“ Diese `Filterblasen´ im Internet „sind hermetisch geschlossene Resonanzräume, in denen man die Welt aussperrt und sich nur noch mit Gleich-gesinnten austauscht. Dieses Kommunikationsverhalten verengt die Perspektive und zementiert die eigenen Vorurteile. Neu ist dieses Verhalten nicht. Früher sprach man vom Stammtischgerede. Nur hat der Stammtisch jetzt eine virtuelle Dimension.“

Hengameh Yaghoobifarah und die taz - Scheinheiligkeit auf höchstem "Niveau"

„Um die mit der Scheinheiligkeit verbundene Wirklichkeitsverweigerung zu entlarven, müsse man die Perspektive gleichwohl weiten.“ Deshalb wäre es für Yaghoobifarah eine Überlegung wert, ob die von ihr geschmähte “Dreckskultur“ nicht auch ihr einen persönlichen Schutzraum gewährt. Eine freiheitliche Grund-ordnung und eine Exekutive, die für deren Einhaltung sorgt, machen nämlich das Ausleben ihrer öffentlich inszenierten Individualität erst möglich. 

Yaghoobifarah macht kein Geheimnis aus ihrer nicht-binärer Geschlechtsidentität. Das ist in Deutschland weder moralisch noch rechtlich ein Problem. Doch in anderen Ländern liefe sie Gefahr, je nach sexueller Vorliebe, gehängt, gesteinigt oder zumindest ausgepeitscht zu werden. Das gilt auch für das Heimatland ihrer Eltern, die aus dem Iran stammen.“

„Pars pro toto sieht man sich in der Auseinandersetzung mit dieser Autorin also mit einem Paradoxon konfrontiert: Sie ruft medienwirksam zur Zerstörung des Systems auf, das sie als Publizistin in ihrer extravaganten Individualität erst möglich macht. 

Und schaut man genauer hin, gibt es eine weitere Doppelbödigkeit: Es ist ein nicht nur von ihr praktiziertes Geschäftsmodell, mit einer wütenden Kapitalismuskritik Kapital anzuhäufen, das in die eigene Tasche wandert. Auf dieser Klaviatur spielen auch apodiktische Zeitgeistphilosophen wie Richard David Precht oder Byung-Chul Han, die wortgewandt das Elend dieser Welt dem Kapitalismus in die Schuhe schieben, aber nicht glaubwürdig erklären, was an dessen Stelle treten sollte. Egal. Unterm Strich bleibt ein gediegen-großbürgerlicher Lebensstil, der nicht als Wider-spruch zum proklamierten Denken und Handeln empfunden wird.“

Egal nun, ob Yagoohbifarah die Deutschen abschaffen will oder völkische Gruppen die Gastarbeiter, derart krude Aussagen brauchen einen Resonanzboden. Deshalb sind Yagoohbifarahs Artikel ohne applaudierende linke Claqueure undenkbar. Dasselbe gilt für rechte Entgleisungen. Immer dürfen sich die selbsternannten und provokant daherkommenden Moralapostel des Beifalls der Gesinnungsgenossen sicher sein.

Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, wie sich trotz scheinbar unvereinbarer politischer Standpunkte, „die rhetorische Phrasologie der verfeindeten Apologeten“ auf dem linken und rechten Spektrum gleicht. Stets wähnen die Moralisten die Menschlichkeit allein im eigenen Lager. 

Vielleicht sind es gerade die klischeehaft-reduzierten Geschichten, die radikale Stand-punkte in unserer schwierigen Welt so verführerisch machen. „Um wieviel bequemer ist es, sich in ein eingängiges Narrativ zu flüchten, das als verführerisches Schmankerl noch die Illusion der moralischen Selbsterhöhung birgt, als quälendes Unwissen und verstörende Unsicherheiten auszuhalten, die zwangsläufig auftauchen, wenn man sich über schwierige Probleme den Kopf zerbricht? Herz schlägt Hirn.“

Doch trivialisierend-eingängigen Weltsichten müssen mit Vorsicht genossen werden, wie das Memetik-Konzept des britischen Wissenschaftlers Richard Dawkins nahelegt: „Meme sind in diesem Zusammenhang Gedanken, die von Menschen kommuniziert werden. Das können elegante Theorien sein, aber auch irrationale Hirngespinste. Entscheidend für ihre Verbreitung ist nicht ihre Sinnhaftigkeit, sondern einzig ihr Replikationserfolg. Und gefährlich werden sie dadurch, dass spleenige Fiktionen Fakten schaffen können.“


Richard Dawkins

Opportuner Moralismus ist natürlich kein Alleinstellungsmerkmal radikaler Gruppierungen. „Man findet ihn auch im gemäßigten politischen Milieu. Davon zeugt zum Beispiel die heutige Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen in ihrer früheren Funktion als Verteidigungsministerin. Es ist bekannt, dass sich die deutsche Bundeswehr momentan in einem maladen Zustand befindet.“

Nach Ansicht von Marco Wehr schickte sich Frau von der Leyen jedoch an, „diese ohnehin schon kritische Situation zu verschlimmern. Sie kämpfte, brav am gesellschaftlichen Commen-Sense orientiert, in der Bundeswehr für mehr `Gleich-heit und Gerechtigkeit´. Es war ihr Bestreben, die Einstellungs- und Ausbildungs-anforderungen soweit zu senken, dass von der Armee fast niemand mehr ausgeschlossen wird. Alle sollten mitmachen dürfen, egal ob die Bewerber übergewichtig waren oder wegen ihrer schwächlichen Konstitution keinen Rucksack tragen konnten. Von der Leyens verquere Logik war in diesem Zusammenhang nur für sie selbst schlüssig: Wenn die gefürchteten Gewaltmärsche mit schwerem Gepäck, die reale Einsatzbedingungen simulieren sollen, von vielen jungen Menschen in schlechter körperlicher Verfassung nicht mehr bewältigt werden können, dann sorgt man nicht dafür, dass die Überforderten belastbarer werden, man schafft einfach die Märsche ab.“

Eine solche Logik wird in unseren Zeiten immer salonfähiger: „Wenn die Berliner Schüler als Opfer eines völlig aus den Gleisen gesprungenen Bildungssystems schlechte Noten schreiben, dann wird einfach weniger hart zensiert und schon sind die Berliner so gut wie Bayern und Sachsen. Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.“

„Nur ist eine solche Form der Pippi Langstrumpf-Philosophie im Falle der Rekrutenausbildung kein Spiel. Die sich dem Zeitgeist anbiedernde Einstellung kann für Soldaten im wirklichen Einsatz tödliche Konsequenzen haben. Wie sieht es mit dem Segen der Gleichmacherei aus, wenn den müden Kriegern auf der Flucht im Gebirge beim ersten Anstieg die Puste ausgeht und sie von zähen Taliban verfolgt werden, die in den Bergen groß geworden sind (…)? Dann wird das Motto “Dabei sein ist alles“ zum lebensgefährlichen Zynismus.“

Für Marco Wehr steht fest: „In einer medialen Selbstvermarktungsgesellschaft scheint moralisierende Wirklichkeitsverweigerung gesellschaftsfähig zu sein (…) Wird moralischer Druck ausgeübt, der auf der Gefühlsebene punkten will, sich aber um die komplexe Faktenlage nicht schert, stehen wichtige Teile unserer Gesellschaft zur Disposition.

Wollen wir tatsächlich einen Staat, bei dem die Gewaltenteilung im Grundgesetz steht, der aber auf die Polizei verzichtet? Wollen wir ein völkisch-bierseliges Deutschland? Wollen wir eine politisch korrekte Bundeswehr, die aber ihrem Verteidigungsauftrag nicht mehr gerecht werden kann? Und wollen wir auf eine effiziente medizinische Forschung verzichten? Vermutlich nicht.


Pippi Langstrumpf-Philosophie: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!

Deshalb muss moralisierende Scheinheiligkeit demaskiert werden. Man darf ihr nicht nachgeben, auch wenn es bequem ist, mit dem Rudel zu heulen. Stattdessen müssen die Konsequenzen reduzierter Weltbilder von einer höheren Warte durchdacht, gewertet und artikuliert werden, um dann die Moralprediger mit diesen in aller Deutlichkeit zu konfrontieren. Und im nächsten Schritt muss die Frage erlaubt sein, ob sie persönlich bereit wären, die Risiken, die sich aus ihren Anschauungen ergeben, zu tragen.“


Zitate aus: Marco Wehr - „Wer fühlt, hat Recht“ – Wie sich Moralapostel der Wirklichkeit verweigern, SWR2 Wissen: Aula, Sendung vom 15. November 2020, SWR 2020




Donnerstag, 7. April 2016

Max Weber und die Politik als Beruf (Nachtrag zum Eintrag vom 24. März 2016)

... den Parteien gewidmet, die monatelang nicht in der Lage sind, 
eine handlungsfähige Regierung zu bilden ... 
(Spanien im Frühling 2016)

Am 28. Januar 1919 hielt Max Weber vor dem Freistudentischen Bund seine berühmte Rede über das Thema „Politik als Beruf“. Etwa ein halbes Jahr später erschien sein Vortrag, stark überarbeitet als separate Broschüre.

„Man kann sagen, daß drei Qualitäten vornehmlich entscheidend sind für den Politiker: Leidenschaft – Verantwortungsgefühl - Augenmaß.

Albert Rivera (Cuidadanos)
Leidenschaft im Sinn von Sachlichkeit: leidenschaftliche Hingabe an eine `Sache´, an den Gott oder Dämon, der ihr Gebieter ist. Nicht im Sinne jenes inneren Gebarens, welches mein verstorbener Freund Georg Simmel als `sterile Aufgeregtheit´ zu bezeichnen pflegte, wie sie einem bestimmten Typus vor allem russischer Intellektueller (nicht etwa: allen von ihnen!) eignete und welches jetzt in diesem Karneval, den man mit den stolzen Namen einer `Revolution´schmückt, eine so große Rolle auch bei unsern Intellektuellen spielt: eine ins Leere verlaufende `Romantik des intellektuell Interessanten´ ohne alles sachliche Verantwortungsgefühl.

Denn mit der bloßen, als noch so echt empfundenen, Leidenschaft ist es freilich nicht getan. Sie macht nicht zum Politiker, wenn sie nicht, als Dienst in einer `Sache´, auch die Verantwortlichkeit gegenüber ebendieser Sache zum entscheidenden Leitstern des Handelns macht.

Mariano Rajoy (Partido Popular)
Und dazu bedarf es – und das ist die entscheidende psychologische Qualität des Politikers – des Augenmaßes, der Fähigkeit, die Realitäten mit innerer Sammlung und Ruhe auf sich wirken zu lassen, also: der Distanz zu den Dingen und Menschen. `Distanzlosigkeit´, rein als solche, ist eine der Todsünden jedes Politikers und eine jener Qualitäten, deren Züchtung bei dem Nachwuchs unserer Intellektuellen sie zu politischer Unfähigkeit verurteilen wird. Denn das Problem ist eben: wie heiße Leidenschaft und kühles Augenmaß miteinander in derselben Seele zusammengezwungen werden können?

Politik wird mit dem Kopfe gemacht, nicht mit anderen Teilen des Körpers oder der Seele. Und doch kann die Hingabe an sie, wenn sie nicht ein frivoles intellektuelles Spiel, sondern menschlich echtes Handeln sein soll, nur aus Leidenschaft geboren und gespeist werden. Jene starke Bändigung der Seele aber, die den leidenschaftlichen Politiker auszeichnet und ihn von den bloßen `steril aufgeregten´ politischen Dilettanten unterscheidet, ist nur durch die Gewöhnung an Distanz – in jedem Sinn des Wortes – möglich. Die `Stärke´ einer politischen `Persönlichkeit´ bedeutet in allererster Linie den Besitz dieser Qualitäten.

Pedro Sanchez (Partido Socialista Obrero Español)
Einen ganz trivialen, allzu menschlichen Feind hat daher der Politiker täglich und stündlich in sich zu überwinden: die ganz gemeine Eitelkeit, die Todfeindin aller sachlichen Hingabe und aller Distanz, in diesem Fall: der Distanz, sich selbst gegenüber.

Eitelkeit ist eine sehr verbreitete Eigenschaft, und vielleicht ist niemand ganz frei davon. Und in akademischen und Gelehrtenkreisen ist sie eine Art von Berufskrankheit. Aber gerade beim Gelehrten ist sie, so antipathisch sie sich äußern mag, relativ harmlos in dem Sinn: daß sie in aller Regel den wissenschaftlichen Betrieb nicht stört.

Ganz anders beim Politiker. Er arbeitet mit dem Streben nach Macht als unvermeidlichem Mittel. `Machtinstinkt´ – wie man sich auszudrücken pflegt – gehört daher in der Tat zu seinen normalen Qualitäten. – Die Sünde gegen den heiligen Geist seines Berufs aber beginnt da, wo dieses Machtstreben unsachlich und ein Gegenstand rein persönlicher Selbstberauschung wird, anstatt ausschließlich in den Dienst der `Sache´ zu treten.

Denn es gibt letztlich nur zwei Arten von Todsünden auf dem Gebiet der Politik: Unsachlichkeit und – oft, aber nicht immer, damit identisch – Verantwortungslosigkeit. Die Eitelkeit: das Bedürfnis, selbst möglichst sichtbar in den Vordergrund zu treten, führt den Politiker am stärksten in Versuchung, eine von beiden, oder beide zu begehen.

Pablo Iglesias (Podemos)
Um so mehr, als der Demagoge auf `Wirkung´ zu rechnen gezwungen ist, – er ist eben deshalb stets in Gefahr, sowohl zum Schauspieler zu werden wie die Verantwortung für die Folgen seines Tuns leicht zu nehmen und nur nach dem `Eindruck´ zu fragen, den er macht. Seine Unsachlichkeit legt ihm nahe, den glänzenden Schein der Macht statt der wirklichen Macht zu erstreben, seine Verantwortungslosigkeit aber: die Macht lediglich um ihrer selbst willen, ohne inhaltlichen Zweck, zu genießen.

Denn obwohl, oder vielmehr: gerade weil Macht das unvermeidliche Mittel, und Machtstreben daher eine der treibenden Kräfte aller Politik ist, gibt es keine verderblichere Verzerrung der politischen Kraft, als das parvenumäßige Bramarbasieren mit Macht und die eitle Selbstbespiegelung in dem Gefühl der Macht, überhaupt jede Anbetung der Macht rein als solcher.

Der bloße `Machtpolitiker´, wie ihn ein auch bei uns eifrig betriebener Kult zu verklären sucht, mag stark wirken, aber er wirkt in der Tat ins Leere und Sinnlose. Darin haben die Kritiker der `Machtpolitik´ vollkommen recht. An dem plötzlichen inneren Zusammenbruche typischer Träger dieser Gesinnung haben wir erleben können, welche innere Schwäche und Ohnmacht sich hinter dieser protzigen, aber gänzlich leeren Geste verbirgt. Sie ist Produkt einer höchst dürftigen und oberflächlichen Blasiertheit gegenüber dem Sinn menschlichen Handelns, welche keinerlei Verwandtschaft hat mit dem Wissen um die Tragik, in die alles Tun, zumal aber das politische Tun, in Wahrheit verflochten ist.“

Es gibt in der Geschichte des menschlichen Geistes Gedanken, die wohl zeitlos gültig sind ...

Zitate aus: Max Weber: Politik als Beruf, erstmals veröffentlicht in `Geistige Arbeit als Beruf. VierVorträge vor dem Freistudentischen Bund´, Duncker & Humblot, München undLeipzig 1919