Ernst Bloch (1885 - 1977) |
Ernst Bloch gehört zu den
wichtigen neomarxistischen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Die tief im
Menschen verwurzelte Hoffnung auf eine Gesellschaft, in der Freiheit, Glück und
materielle Sicherheit für alle verwirklicht sind, ist ständiges Leitmotiv
seiner Werke.
Vor allem in seinem dreibändigen Hauptwerk
„Das Prinzip Hoffnung“ (1949 – 1959) verfolgt Bloch die Spuren, die die
menschliche Utopie eines irdischen Paradieses vor allem in Kunst und
Philosophie hinterlassen hat.
Blochs Leben war von Wechseln geprägt.
Während der Weimarer Republik schloss sich Bloch der kommunistischen Bewegung
an. 1933 musste er aus Deutschland in die USA emigrieren. Nach dem 2. Weltkrieg
ging er in die DDR und wurde Philosophieprofessor in Leipzig. Konflikte mit der
Staats- und Parteiführung der DDR führten dazu, dass Bloch 1961 in die
Bundesrepublik übersiedelte. Hier nahm er eine Professur in Tübingen an.
Für Bloch wie für alle Marxisten ist die
Arbeit etwas dem Menschen Wesentliches und Zugehöriges.
Zunächst einmal stellt Bloch fest, „dass es
so leicht ist, nichts mehr tun zu wollen. Dass es uns so schwer fällt, wirklich
nichts zu tun. Auch dann, wenn nicht, wie meist, die Not treibt. Auch dort, wo
ein Urlaub überdies erlauben mag, zu gähnen.“
Die meisten Menschen jedoch – so beobachtet
Bloch – jagen einer Illusion hinterher: „Ganz faul zu sein, scheint so süß wie
einfach. Je älter ich werde, sagt ein Freund, desto mehr sehe ich ein, das
einzig Richtige wäre, überhaupt nicht zu schaffen. Den ganzen Tag, meint er,
könne er am Fenster liegen an einer südlichen Küste, und draußen bräuchte auch
nichts zu sein … ich will weder Fähigkeiten vorher noch Bedürfnisse nachher
haben. So sprach der Freund und sag unwiderleglich aus, doch sein Leben ist
anders, nicht einmal unfreiwillig anders. Wie einfach, sollte man meinen,
könnte er im Einklang mit seiner Lehre leben. Stattdessen arbeitet er den
ganzen Tag verdrossen und vorzüglich, predigt Wein und trinkt Wasser.“
Bloch geht es nicht darum einzustimmen in das
Konzert derer, die sagen, Arbeit sei eine Notwendigkeit solange Hunger und
Ungerechtigkeit existieren – diese Feststellung ist selbstverständlich gültig!
Blochs Blick geht tiefer, denn Faulheit ist für ihn ein Dämon, „den keiner
besteht. Sie zeigt darin ihre Verwandtschaft mit der Einsamkeit. Beide,
Faulheit wie Einsamkeit, enthalten ein chemisch verwandtes Gift, obwohl
Nichtstun nicht einsam zu geschehen braucht, und die Einsamkeit selten müßig
ist; es ist das Gift des dunklen Insichseins.“
Abraham Bloemaert (1564–1651): Faulheit(in Anlehnung an das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen, Mt 13,24ff) |
So ist für Bloch „das völlige Nichtstun noch
ungenießbarer“ als wenn alle Resultate der Arbeit unnütz erscheinen.
So wurde „das ungekochte Leben“ nie erreicht,
„auch im Süden nicht oder bei den Urvölkern. Wenn sie auch nicht unsere
Arbeitswut haben und ihre Tage (nicht ihre Feste!) von Ruhe durchzogener,
gleichsam eingelegter sind als unsere, so hat die Romantik des Nichtstun doch
hier kein Beispiel.“
Nichtstun gleich den Nihilismus im Alltag:
„Die Langeweile ist der Lohn, den das Leben ohne Arbeit gibt, sie ist jenes
einsame Blei, vor dem man in arbeit und Gesellschaft flieht, das Nichts oder
eben ncht Nichts, über dem alle Menschen leben, Schlaf- und Gähnkammer unseres allzu
unmittelbaren Zustandes, die leicht eine Schreckenskammer werden kann.“
Und so ist die Flucht vor der Arbeit
letztlich eine Flucht vor „dem ungenauen Sein von uns selbst.“
„Nicht zu tun, zieht darum ebenso an, wie es
keiner dort aushält. Es zieht an, weil wir uns scheinbar darin finden; es ist
unerträglich, weil dort noch nichts wirklich zubereitet ist.“
Zitate
aus: Ernst Bloch: Nichtstun ist ungenießbar, in: Spuren, Frankfurt a.M. 1985,
S. 99-103 (Suhrkamp) - Zum Hören: Das Philosophische Radio (WDR 5) mit Manfred Koch und Jürgen Wiebicke zum Thema "Faulheit"
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