Aristoteles |
In der Antike war die Freundschaft von elementarer
Bedeutung. Jeder war auf das Wohlwollen eines anderen angewiesen, nicht nur
derjenige, der in Ämter gewählt werden wollte. Cicero widmete sich dem Thema in seinem Büchlein „Laelius“.
Für die griechische Polis behandelt Aristoteles das Thema der Philía im achten
und neunten Buch seiner Nikomachischen Ethik.
Im Altgriechischen bedeutet das Wort „φιλíα“
(Philía) sowohl „Freundschaft“ als auch „Liebe“. Diese begriffliche Unschärfe
führt dazu, dass wir heutzutage eine Reihe der in der Antike als „Freundschaft“
bezeichneten Verhältnisse nicht mehr unbedingt als Freundschaften bezeichnen
würden.
Aristoteles unterscheidet drei Formen der
Philía: „Gegenstand der Liebe kann nur das Liebenswerte sein, und als solches
gilt, was wertvoll, lustvoll oder nützlich ist.“
Die nützliche Philía beruht auf beiderseitigem
Interesse und Nutzen. Entscheidend für das Fortbestehen der Freundschaft ist
Verhalten nach dem Muster Aktion-Reaktion. So kann sich die Freundschaft
progressiv entwickeln, wenn beide zurückbekommen, was sie gegeben haben, sie
kann aber auch regressiv sein, ist die Reaktion, wenn die gegenseitigen
Freundschaftsdienste abnehmen:
„Freunde, die den Nutzen als Zweck verfolgen,
trennen sich, sobald der Nutzvertrag aufhört, denn nicht miteinander waren sie
befreundet, sondern mit dem Gewinn.“
Harmodios und Aristogeiton - Freunde und Tyrannenmörder |
Die zweite Form der Philía gründet auf
beiderseitigem Vergnügen. So habe diese Freundschaft eine gewisse Ähnlichkeit
mit der nützlichen Liebe, denn die durch Freundschaft Verbundenen „empfangen
voneinander die gleiche Gegengabe, die Lust.“
Gleichwohl findet sich die Freundschaft um der
Lust willen auch bei den Menschen, die sich durch Trefflichkeit (gr. ἀρετή)
auszeichnen und daher die wertvolle und vollkommene Form der Liebe leben:
„Vollkommene Freundschaft ist die der
trefflichen Charaktere und an Trefflichkeit einander Gleichen. Denn bei dieser
Freundschaft wünschen sie einander dem anderen in gleicher Weise das Gute, aus
keinem anderen Grunde, als weil sie eben trefflich sind, und trefflich sind sie
`an sich´, wesensmäßig.“
So seien Menschen, die dem Freunde um des
Freundes willen das Gute wünschen, die „echtesten Freunde“.
Zwei Freunde |
„Freundschaft dieser Art ist, so darf man mit
gutem Grund sagen, ein Wert, der dauert, denn in ihr treffen alle
Grundvoraussetzungen der Freundschaft zusammen: Jede Freundschaft hat ja einen
Wert oder eine Lust zum Ziel – beides entweder an sich oder auf den bezogen,
der die Freundschaft erlebt – und beruht auf einem gewissen Grad von
Wesensgleichheit.“
So sei diese auf beiderseitiger Anerkennung beruhende
Freundschaft die höchste und edelste Form der Freundschaft unter den Menschen.
„Man sieht: Um der Lust und um des Nutzens
willen können auch (a) Minderwertige miteinander befreundet sein und (b) Gute
mit Minderwertigen und (c) Leute, die weder das eine noch das andere sind, mit
Menschen von gleichgültig welchem Charakter. Jedoch um ihrer selbst willen
offenbar allein die Guten. Denn Menschen minderen Wertes können sich aneinander
nicht freuen, außer es käme irgendwie ein Nutzen dabei heraus.“
Zitate aus:
Aristoteles: Nikomachische Ethik, 1155bff, Stuttgart 1969 (Reclam) -
Weitere Literatur: Anthony W. Price: Love and Friendship in Plato and
Aristotle, Oxford 1989 (Clarendon Press)
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