Donnerstag, 28. Februar 2013

Ludwig von Mises und die Frage der Staatsbetriebe

Ludwig von Mises: Liberalismus
„Wer über Produktionsmittel verfügt, die sein Eigentum sind, oder die ihm von den Eigentümern gegen Entgelt geliehen wurden, muss stets darauf bedacht sein, die Produktionsmittel so zu verwenden, daß der unter den gegebenen Verhältnissen dringendste gesellschaftliche Bedarf durch sie befriedigt wird.

Tut er dies nicht, dann arbeitet er mit Verlust und wird in seiner Eigentümer- und Unternehmerstellung zunächst beschränkt und schließlich aus ihr ganz verdrängt. Er hört auf, Eigentümer und Unternehmer zu sein.“

Mit diesen wenigen Worten beschreibt Ludwig von Mises das gesamte Wesen der freien Marktwirtschaft. Man tut gut daran, sich dieser Worte zu erinnern, nicht zuletzt, weil eine der Ursachen der gegenwärtigen Finanzierungsprobleme vieler Staaten in ihren maßlos aufgeblähten Strukturen zu finden ist. Ein nicht unwesentlicher Teil dieser Strukturen besteht in öffentlichen Unternehmen, Betrieben und Verwaltungen.

Für von Mises ist das charakteristische Merkmal dieser staatlichen Struktur, daß ihr „die Richtschnur der Rentabilitätsrechnung zur Beurteilung des Geschäftserfolges in seinem Verhältnis zum Aufwand fehlt und daß sie daher genötigt ist, zur - wenn auch höchst unvollkommenen Wettmachung dieses Mangels - die Abwicklung der Geschäfte und die Einstellung des Personals an formale Vorschriften zu binden.“

Rentabilitätsrechnung - Der Schlüssel für nachhaltiges Wirtschaften ...

Folgen dieses Grundmangels sind demnach alle Übel, die man mit dem Staatsbetrieb verbindet: Seine Starrheit, seine Erfindungsarmut und seine Hilflosigkeit gegenüber Problemen, die im kaufmännischen Leben leicht gelöst werden.“

Würde die Tätigkeit des Staatsapparates auf jenes enge Gebiet beschränkt bleiben – zum Beispiel weist Adam Smith im 5. Buch seines Werkes „Der Wohlstand der Nationen“ dem Staat die folgenden drei Aufgaben zu: Landesverteidigung, Justizwesen und Öffentliche Anlagen bzw. Einrichtungen – würden sich die Nachteile des öffentlichen Unternehmertums nicht allzu sehr bemerkbar machen.

„Zum großen Problem der gesamten Wirtschaft werden sie erst in dem Augenblick, in dem der Staat - und dasselbe gilt natürlich auch von Gemeinden und Kommunalverbänden - dazu übergeht, Produktionsmittel zu vergesellschaften und sich selbst aktiv in der Produktion oder gar im Handel zu betätigen.“

Von Mises gibt zu, daß, auch mancher öffentliche Betrieb auch unter dem Gesichtspunkt höchster Rentabilität geführt werden könnte, solange ein freier Marktverkehr besteht und Marktpreise gebildet werden.

Dennoch bleibt das Problem, „daß seine Leiter - Organe des Staates - am Erfolg oder Mißerfolg der Geschäfte nicht in der Weise interessiert sind, in der dies bei privaten Unternehmungen der Fall ist. Man kann daher dem Leiter nicht die freie Entscheidung über einschneidende Maßregeln überlassen; da er den Verlust, der sich unter Umständen als Folge seiner Geschäftspolitik ergeben könnte, nicht trägt, könnte seine Geschäftsführung allzu leicht geneigt sein, Wagnisse einzugehen, die ein wahrhaft verantwortlicher - weil am Verlust beteiligter - Leiter nicht auf sich nehmen würde.“

Aus diesem Grund muss die Entscheidungsgewalt des Leiters eines Staatsbetriebes in gewissem Maße beschränkt werden. „Gleichviel nun, ob man ihn an starre Normen oder an die Beschlüsse eines Kontrollkollegiums oder an die Zustimmung einer vorgesetzten Behörde bindet, die Gebarung des Betriebes erhält in jedem Fall jene Schwerfälligkeit und jenen Mangel an Anpassungsfähigkeit, die den öffentlichen Betrieb überall von Mißerfolg zu Mißerfolg geführt haben.“

So wird es in der Praxis selten vorkommen, daß ein öffentlicher Betrieb auf der Grundlage von Rentabilität arbeitet. Im Gegenteil - in der Regel wird vom öffentlichen Betrieb verlangt, daß er auf bestimmte (partei-)politische und „pseudovolkswirtschaftliche“ Gesichtspunkte Rücksicht nehme.

Estado S.A.- Eine aufschlussreiche Serie über öffentliche Unternehmen in Spanien

So würde man beispielsweise fordern, „daß er bei der Beschaffung und beim Verkaufe die inländische Erzeugung gegenüber der ausländischen bevorzuge; von Eisenbahnen wird verlangt, daß sie in der Tariferstellung im Dienste bestimmter handelspolitischer Interessen tätig seien, daß sie Linien bauen und betreiben, die nicht rentabel gestaltet werden können, um die Wirtschaft eines bestimmten Gebietes zur Entwicklung zu bringen, daß sie wieder andere Linien aus strategischen und sonstigen Gründen betreiben.“

In dem Moment, in dem solche Kriterien die Geschäftsführung bestimmen, sei jede Kontrolle durch die Rentabilitätsrechnung ausgeschlossen. „Wenn der Staatsbahndirektor, der einen ungünstigen Jahresabschluss vorlegt, in der Lage ist zu sagen: die mir anvertrauten Bahnstrecken haben freilich, unter dem Gesichtspunkte der privatwirtschaftlichen Rentabilität betrachtet, ungünstig gearbeitet, aber man darf nicht vergessen, daß sie volkswirtschaftlich, nationalpolitisch, militärpolitisch und unter manchen anderen Gesichtspunkten noch vieles geleistet haben, was in die Rentabilitätsrechnung nicht eingeht, so ist es klar, daß unter solchen Umständen die Rentabilitätsrechnung jeglichen Wert für die Beurteilung des Geschäftserfolges verloren hat, so daß der Betrieb - auch abgesehen von anderen in derselben Richtung wirkenden Umständen - notwendigerweise genau so bureaukratisch geführt werden muß wie etwa die Verwaltung eines Gefängnisses oder eines Steueramtes.“

Im Gegensatz dazu kann ein nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten geführtes Privatunternehmen - auch wenn es noch so groß ist - durch das strenge Festhalten am Rentabilitätsprinzip niemals „bureaukratisch“ werden, denn solange die Unternehmen nur auf den Gewinn sehen, blieben sie von allen Schäden der Bureaukratisierung bewahrt.

„Dagegen besteht für die im interventionistischen Staatswesen agierenden Unternehmen die Notwendigkeit, „sich zur Vermeidung schwerer Nachteile den Wünschen der Staatsgewalt zu fügen.“ Dies hat bewirkt, „daß solche und andere den Rentabilitätszielen der Unternehmungen fremde Gesichtspunkte die Geschäftsführung immer mehr beeinflussen. Damit schwindet die Bedeutung der exakten Kalkulation und Buchführung, und die Unternehmungen beginnen immer mehr die unsachliche, an Formalprinzipien orientierte Gebarungsweise öffentlicher Betriebe anzunehmen.

Die Einflussnahme des Staates auf die Geschäftsführung großer Unternehmen „ist mithin keineswegs das Ergebnis einer in der Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft gelegenen Notwendigkeit. Sie ist nichts als eine Folgeerscheinung der interventionistischen Politik. Würden Staat und andere gesellschaftliche Gewalten die Unternehmungen nicht behindern, dann könnten auch die größten Betriebe genau so kaufmännisch arbeiten wie die kleinen.“
 
Zitate aus: Ludwig von Mises: Liberalismus. Jena 1927 (online unter: http://docs.mises.de/Mises/Mises_Liberalismus.pdf

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