Donnerstag, 31. Mai 2012

Konfuzius und die Pflichten des Einzelnen


Konfuzius (551 - 479 v. Chr.)
Konfuzius, der großen Lehrer der chinesischen Philosophie, vertrat eine an der „Goldenen Regel“ orientierte Wohlwollensethik, die auch mit dem Begriff "Agapismus" bezeichnet wird. 

Das Ziel im Leben eines jeden Menschen bestehe nach Konfuzius darin, ruhig und besonnen leben, um auf diese Weise sein inneres Gleichgewicht zu finden, das wiederum mit dem Gleichgewicht in der Natur und im Kosmos korrespondiert.

In diesem Zusammenhang spielt die Lehre von den Pflichten bei Konfuzius eine entscheidende Rolle. Er unterscheidet hier zwischen den Pflichten des Einzelnen sich selbst gegenüber, den Pflichten in der Familie und den Pflichten in Staat und Gesellschaft.

Wenn Konfuzius vom Einzelnen spricht, dann meint er zunächst den „Edlen“ oder „Vollkommenen“. Ihm gegenüber steht „das Volk“ oder der „Gemeine“. Zwar spiegelt sich in diesen Begrifflichkeiten kein Klassenunterschied wider, wohl aber ein hierarchisches Denken. Denn der Edle steht kraft seiner Tugend und Bildung nach Konfuzius über dem Volk:

„Der Meister sprach:
Der Edle stellt Anforderungen an sich selbst, der Gemeine stellt Anforderungen an die anderen Menschen (158).
Der Edle liebt den inneren Wert, der Gemeine liebt das Irdische; der Edle leibt das Gesetz, der Gemeine sucht die Gunst (60).
Der Edle ist bewandert in der Pflicht, der Gemeine ist bewandert im Gewinn (61).

Im Gegenzug verlangt Konfuzius freilich viel vom Edlen: Er soll zunächst und vor allem Wohlwollen entwickeln. Er soll nichts Unrechtes tun, ein moralisches Vorbild sein, Selbstbeherrschung und Zurückhaltung üben und stets seine persönliche Würde bewahren.

„Der Meister sprach: Ein Edler, der eine umfassende Kenntnis der Literatur besitzt und sich nach den Regeln der Moral richtet, mag es wohl erreichen, Fehltritte zu vermeiden (79).

„Der Meister sprach: Zum Pfad des Edlen gehören drei Stücke: Sittlichkeit macht ihn frei von Leid, Weisheit macht ihn frei von Zweifeln, Entschlossenheit macht in frei von Furcht (148).

Konfuzius im Gespräch mit seinen Schülern

Darüber hinaus soll der Edle lernen und immer wieder lernen und dabei seine Fähigkeiten weiter ausbilden:

„Der Meister sprach:
Lerne, als hättest du es nicht erreicht, und dennoch fürchtend, es zu verlieren (95).
Ein Edler, der beim Essen nicht nach Sättigung fragt, beim Wohnen nicht nach Bequemlichkeit fragt, eifrig im Tun und vorsichtig im Reden, sich denen, die Grundsätze haben, naht, um sich zu bessern: der kann ein das Lernen Liebender genannt werden (41).

Der Edle spricht nicht viel, sondern er handelt – und zwar richtig:

„Der Meister sprach:
Der Edle liebt es, langsam im Wort und rasch im Tun zu sein. (63).
Er schämt sich davor, dass seine Worte seine Taten übertreffen (147).

Wichtig ist der Gedanke, dass der Einzelne bei Konfuzius stets im Kontext seiner sozialen Beziehungen gesehen wird. So ist das letzte Ziel der Sorge des Edlen für sich selbst auch die andren: Familie, Freunde, Regierende und somit das gesamte Volk.

Um ihnen allen möglichst viel Nutzen bringen zu können, vervollkommnet sich der Edle. So kann er schließlich auch mit der Erfüllung eines anderen Wunsches hoffen: auf Nachruhm.

„Der Meister sprach: Der Edle hasst den Gedanken, die Welt zu verlassen, ohne dass sein Name genannt wird“ (158).

Zitate aus: Kungfutse: Gespräche. Lun Yü, übersetzt und erläutert von Richard Wilhelm, München 1994 (Diederichs)


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