Donnerstag, 15. August 2013

Karl Popper und die Philosophie als aufgeklärter Alltagsverstand


Karl Popper ist Begründer und Hauptvertreter des sogenannten Kritischen Rationalismus. Popper sieht in der menschlichen Vernunft einerseits unverzichtbares Hilfsmittel des Erkennens und Handelns, andererseits betont er zugleich deren Fehlbarkeit. Wissenschaftliche Theorien zeichnen sich nach Popper dadurch aus, dass sie durch Erfahrung überprüft und widerlegt werden können. Daher ist nicht Beweisbarkeit, sondern „Falsifikation“, also Widerlegbarkeit, für Popper das Kennzeichen der Wissenschaft.

Karl Raimund Popper (1902 - 1994)

So wie der Versuch, absolute Wahrheiten zu erkennen zum Scheitern verurteilt ist, so werden auf dem Gebiet der praktischen Philosophie die politische Utopien, die auf eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft abzielen, von Popper als undurchführbar und inhuman kritisiert. Die von Popper entwickelte politischer Philosophie der „offenen Gesellschaft“ beruht demgegenüber – ausgehend von der fundamentalen Bedeutung von Freiheit und Kritik – auf einem schrittweisen Umbau der Gesellschaft.

Grundlegend wird Popper kritischer Rationalismus auch in seiner Auffassung vom Wesen der Philosophie, die er in dem Aufsatz „Wie ich die Philosophie sehe“ veröffentlichte.

Gleich zu Beginn seiner Gedanken stellt Popper unmissverständlich fest, dass Philosophie keine Sache einer Elite ist. Vielmehr geht er von der Prämisse aus: „Alle Menschen sind Philosophen. Auch wenn sie sich nicht bewusst sind philosophische Probleme zu haben, so haben sie doch jedenfalls philosophische Vorurteile.“ Die meisten dieser Vorurteile sind natürlich Theorien, die die Menschen aus ihrer geistigen Umwelt oder ihrer Tradition übernommen haben und die sie als selbstverständlich akzeptieren.

Alle Menschen sind Philosophen !!!

Diese Theorien sind Vorurteile in dem Sinne, „dass sie ohne kritische Prüfung vertreten werden“, obwohl sie natürlich von großer Bedeutung für das praktische Handeln der Menschen sein können. Dennoch ist eine „Rechtfertigung der Existenz der professionellen oder akademischen Philosophie, dass es notwendig ist diese weitverbreiteten und einflussreichen Theorien kritisch zu untersuchen und zu überprüfen.“

Jede Philosophie müsse also nach Popper mit den „unsicheren und oft verderblichen Ansichten des unkritischen Alltagsverstandes“ beginnen, wenngleich das Ziel der Philosophie schließlich der „aufgeklärte, kritische Alltagsverstand (ist), die Erreichung eines Standpunktes, der der Wahrheit näher ist, und der einen weniger schlimmen Einfluss auf das menschliche Leben hat.“

Popper warnt jedoch vor „Haarspaltereien“, wenn er schreibt: „Eine minuziöse, kleinliche Kritik kleinlicher Angelegenheiten, ohne Verständnis der großen Probleme der Kosmologie, der menschlichen Erkenntnis, der Ethik und der politischen Philosophie und ohne das ernsthafte und hingebende Bemühen, sie zu lösen scheint mir verhängnisvoll zu sein.“

Philosophen ...

Das Problem sieht Popper darin, dass große Ideen häufig unter einer Flut von Worten begraben werden – „Scholastik, im übelsten Sinne dieses Wortes, gibt es im Überfluss.“

Daher hat jeder Intellektuelle die Pflicht, „einfach und klar und in einer möglichst zivilisierten Art zu schreiben und weder die Probleme zu vergessen, die die Menschheit bedrängen und die neues, kühnes und geduldiges Nachdenken erfordern, noch die sokratische Bescheidenheit – die Einsicht dessen, der weiß, wie wenig er weiß.“

Im Gegensatz zu den minuziösen Philosophen mit ihren kleinlichen Problemen sieht Popper also die Hauptaufgabe der Philosophie darin, kritisch über das Universum und unseren Platz in ihm nachzudenken „sowie über die gefährliche Macht unseres Wissens und unsere Kraft zum Guten und zum Bösen.“
  
Zitate aus: Karl R. Popper: Wie ich die Philosophie sehe, in: Auf der Suche nach einer besseren Welt. Vorträge und Aufsätze aus 30 Jahren, München 1987 (piper), hier: 201ff 

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