Konfuzius, der großen Lehrer der chinesischen Philosophie, vertrat eine an der „Goldenen Regel“ orientierte
Wohlwollensethik (Agapismus).
Konfuzius (551 - 479 v. Chr.) |
Das Ziel im Leben eines jeden
Menschen bestehe nach Konfuzius darin, ruhig und besonnen leben, um auf diese
Weise sein inneres Gleichgewicht zu finden, das wiederum mit dem Gleichgewicht
in der Natur und im Kosmos korrespondiert.
In diesem Zusammenhang spielt die
Lehre von den Pflichten bei Konfuzius eine entscheidende Rolle. Er
unterscheidet hier zwischen den Pflichten des Einzelnen sich selbst gegenüber, den Pflichten in der Familie
und den Pflichten in Staat und Gesellschaft.
Dem Konfuzianismus ist immer wieder
angekreidet worden, dass er eine restaurative und reaktionäre Staats- und
Gesellschaftstheorie verkünde, die bestehendes Unrecht legitimiere, jeder
Veränderung aber entgegenstehe. Insbesondere die Funktion der Vergangenheit als
politisches und soziales Vorbild auch für die Gegenwart wird als fortschrittsfeindlich
verdammt.
Trotz mancher eindeutig konservativer Züge
ist dies Kritik am Konfuzianismus jedoch als zu pauschal zurückzuweisen.
Konfuzius stellt sehr strenge Anforderungen an Herrscher und Minister.
Der Herrscher solle durch die Kraft seiner
Tugend und seines Vorbildes wirken. Konfuzius sieht eine auf Gesetzen beruhende
Herrschaft durchaus kritisch, denn Gesetze würden auch dazu verleiten, sie
irgendwie zu umgehen.
Den idealen Herrscher charakterisiert
Konfuzius etwa wie folgt:
„Der Meister sprach: Wer kraft seines Wesens
und kraft seiner Vernunft herrscht, gleicht dem Nordstern. Der verweilt an
seinem Ort und alle Sterne umkreisen ihn.“ (42)
„Wer selbst recht ist, braucht nicht zu
befehlen: und es geht. Wer selbst nicht recht ist, der mag befehlen: doch es
wird nicht gehorcht.“ (132)
Konfuzius im Gespräch mit seinen Schülern |
In den Gedanken des Konfuzius drückt sich
sehr großes Vertrauen in den Eigenwert der Tugend aus, das dem Konfuzianismus einen
etwas utopischen Zug verleiht.
„Dsi Gung fragte nach der rechten Art der
Regierung: Der Meister sprach: Für genügende Nahrung, für genügende Wehrmacht
und für das Vertrauen des Volkes zu seinem Herrscher sorgen. Dsi Gung sprach:
Wenn man aber keine Wahl hätte, als etwas davon aufzugeben: auf welches von den
drei Dingen könnte man am ehesten verzichten? Der Meister sprach: Auf die
Wehrmacht. Dsi Gung sprach: Wenn man aber keine Wahl hätte, als auch davon eines
aufzugeben: auf welches der beiden Dinge könnte man am ehesten verzichten? Der
Meister sprach: Auf die Nahrung. Von alters her müssen alle sterben; wenn aber
das Volk keinen Glauben hat, so lässt sich keine Regierung aufrichten.“ (123)
Für Konfuzius ist daher klar, dass Herrscher,
die keinen Widerspruch und keine Kritik zulassen, früher oder später ihren
eigenen Untergang herbeiführen.
„Der Meister sprach: Wenn einer durch sein
Wissen ein Amt erreicht hat, aber es nicht durch seine Sittlichkeit bewahren
kann, so wird er es, obwohl er es erlangt hat, verlieren. Wenn einer durch sein
Wissen es erreicht hat, durch seine Sittlichkeit es bewahren kann, aber bei
seiner Ausübung keine Würde zeigt, so wird das Volk ihn nicht ehren. Wenn einer
durch sein Wissen es erreicht hat, durch seine Sittlichkeit es bewahren kann,
bei seiner Ausübung Würde zeigt, aber es nicht entsprechend dem Gesetz der
schönen Form bewegt, so ist er noch nicht tüchtig.“ (160)
Auch wenn Konfuzius damit rechnet, dass ein
Herrscher aus eigener Schuld und damit zu Recht die Herrschaft verlieren kann,
so verteidigt er gleichwohl kein aktives Widerstandsrecht oder – als ultima
ratio – den Tyrannenmord.
Das Ideal des konfuzianischen Staates
beschreibt Konfuzius mit folgenden Worten:
„Wenn die Oberen die Ordnung hochhalten, so
wird das Volk nie wagen, unehrbietig zu sein. Wenn die Oberen die Gerechtigkeit
hochhalten, so wird das Volk nie wagen, widerspenstig zu sein. Wenn die Oberen
die Wahrhaftigkeit hochhalten, so wird das Volk nie wagen, unaufrichtig zu
sein. Wenn es aber so steht, so werden die Leute aus allen vier
Himmelsrichtungen mit ihren Kindern auf dem Rücken herbeikommen.“ (131f)
Die Gedanken des Konfuzius haben auch heute
nichts von ihrer Kraft eingebüßt: Welcher der heutigen Politiker kann schon als
„Vorbild“ gelten? Könnte es sein, dass es ebenso wie vor 2500 Jahren auch heute
nicht gerade die „Edelsten“ sind, die in Staat und Politik das Sagen haben …?
Zitate aus: Zitate
aus: Kungfutse: Gespräche. Lun Yü, übersetzt und erläutert von Richard Wilhelm,
München 1994 (Diederichs)
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