„Herodot aus Halikarnassos gibt hier Bericht
von allem, was er erkundet hat, damit der Menschen Taten nicht in Vergessenheit
geraten und auch die großen und wunderbaren Werke nicht, die von den Hellenen
und Barbaren vollbracht wurden. Vor allem aber soll man erfahren, um welcher Ursache
willen sie gegeneinander in Krieg geraten sind.“
Herodot (Parlamentsgebäude, Wien) |
Mit diesen Worten beginnt das neun Bücher
umfassende Geschichtswerk Herodots. Die Historien schildern nicht nur den
Aufstieg des Perserreiches im 6. Jahrhundert v. Chr. sondern vor allem auch die
Kriege zwischen Persern und Griechen im
5. Jahrhundert.
Herodot, geboren ca. 490 v. Chr. in
Halikarnassos in Kleinasien, führte ein bewegtes Leben. Weil er sich am Sturz
des Tyrannen seiner Heimatstadt beteiligt hatte, musste er ins Exil nach Samos
fliehen. Nach eigener Aussage unternahm Herodot ausgedehnte Reisen nach Ägypten,
ins Schwarzmeergebiet, nach Thrakien und Makedonien bis ins Land der Skythen (Südrussland
und Ukraine) sowie in den Vorderen Orient bis nach Babylon.
Später kam Herodot auf Umwegen für kurze Zeit
nach Athen und pflegte dort einen engen Kontakt zu den großen Persönlichkeiten
jener Zeit, darunter Sophokles und Perikles. In Athen hielt er auch Vorträge
aus seinen Historien, für die er von der Stadt bezahlt wurde. Herodot starb 424
v. Chr. kurz nach der Veröffentlichung seines Werks.
Herodot war neben Thukydides (ca. 454 - 398 v. Chr.) der wichtigste antike Historiker. Schon Cicero
bezeichnete ihn als „Vater der Geschichtsschreibung“ (pater historiae) und „Erzähler zahlloser Geschichten.“
Auch wenn die Meinungen der modernen
Geschichtswissenschaft über ihn in Einzelfragen auseinandergehen mögen, so
unbestritten gilt dagegen sein Verdienst, den ersten systematischen Entwurf
einer zusammenhängenden, kritischen Weltgeschichte einschließlich Geographie
und Kultur der damals bekannten Welt, soweit das Gedächtnis der Überlieferungen
zurückreichte, in seinen neun Büchern niedergelegt zu haben.
Herodot selbst bezeichnete sein Werk als
„Aufzeichnungen seiner Forschung“. Zwar rekuriert Herodot immer wieder auf
mythologische Traditionen, aber er ist sich bewusst, dass der Mythos nicht
alles erklärt. Er glaubte zwar noch an das wunderbare Eingreifen göttlicher
Mächte, aber er übernahm nicht kritiklos jede Überlieferung.
Herodot bemüht sich um eine vom Verstand
gefilterte Beobachtung der Welt, d.h. er will selbst sehen und prüfen. Sein
Interesse galt vor allem dem mächtigen Zusammenprall zwischen dem Perserreich
und der Welt der Griechen, der das damalige Zeitalter beherrschte und
erschütterte. Herodot fragt daher nach den Gründen und Ursachen für diesen
Konflikt.
In diesen Zusammenhang gehört auch die Verfassungsdebatte (III, 80ff), ein Gespräch zwischen drei adligen Persern über die beste Verfassung ihres Landes. Während sich Otanes und Megabyzos I. für das Prinzip der Rechtsgleichheit bzw. für die Herrschaft der Besten aussprechen, plädiert Dareios für eine Monarchie - also die Staatsform, die sich in Persien letztlich durchsetzte.
Den Sieg der Griechen über die Perser
betrachtete Herodot somit nicht zuletzt auch als Sieg des Geistes über die Masse, als Sieg der Freien, die nur das Gesetz als Herrn über sich haben,
über die Geknechteten, die nur die Peitsche des willkürlich befehlenden
Despoten vorwärts treibt.
Die Rolle von Athen in der Auseinandersetzung ist für Herodot entscheidend: „Ich will offen meine Meinung sagen, auch wenn sie den meisten Menschen missfallen wird. Aber ich kann nicht ungesagt lassen, was ich für wahr halte, nämlich dass man die Athener die Retter von Griechenland nennt. Sie blieben standhaft und erwarteten voll Mut diejenigen, die in ihr Land eingefallen waren“ (VII, 139).
Die Rolle von Athen in der Auseinandersetzung ist für Herodot entscheidend: „Ich will offen meine Meinung sagen, auch wenn sie den meisten Menschen missfallen wird. Aber ich kann nicht ungesagt lassen, was ich für wahr halte, nämlich dass man die Athener die Retter von Griechenland nennt. Sie blieben standhaft und erwarteten voll Mut diejenigen, die in ihr Land eingefallen waren“ (VII, 139).
Die Welt nach Herodot |
Schließlich enthält sein Werk,
zeitgenössischer Tradition entsprechend, eine Fülle von Anekdoten,
Volkserzählungen und pointierter Geschichten, die es zu einer anschaulich und
spannend zu lesenden Mischung aus gelehrter Wissenschaftlichkeit und
unerschöpflicher Fabulierkunst machen.
So beschreibt beispielsweise Herodot den
Prozess, nach dem bei den Persern wichtige Entscheidungen getroffen wurden: Diese
hätten wichtige Angelegenheiten gewöhnlich im Rausch besprochen, um sie dann am
nächsten Tag noch einmal nüchtern zu beurteilen. Umgekehrt wurden Entscheidungen,
die nüchtern zustande gekommen waren, noch einmal in trunkenem Zustand beraten (I,
133).
Trotz seiner Bedeutung erhält Herodot
heutzutage nicht von allen Forschern die gleiche Wertschätzung. Den einen gilt
er als erster kritischer und ernstzunehmender Geschichtsschreiber der Antike,
andere sehen in ihm kaum mehr als einen historischen Märchenerzähler.
Später wird Aristoteles den
Unterschied zwischen Geschichtsschreiber und Dichter dahingehend beschreiben,
dass „der eine berichtet, was geschehen ist, der andere, was geschehen könnte“
(Poetik, 9).
Zitate
aus: Herodot: Neun Bücher der Geschichte, Essen 2006 (Magnus)
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