Donnerstag, 10. April 2014

Seneca und die Freundschaft

Seneca (4 v. Chr. - 65 n. Chr)
Der römische Philosoph Lucius Annaeus Seneca gehört zu den bekanntesten Vertretern der antiken Philosophenschule der Stoa. Die Stoiker fordern vom Menschen, sich in die Ordnung der Natur und des Kosmos einzufügen und sich nicht von den Affekten beherrschen zu lassen.

Seine philosophischen Schriften – vor allem Vom glückseligen Leben (58-59 n.Chr.) und die Briefe an Luculius (62-65 n.Chr.) - beschäftigen sich daher vornehmlich mit dem Weg zum Glück und einer richtigen und vernünftigen Lebensführung.

Wie andere Philosophen vor ihm – beispielsweise Cicero und Aristoteles  – behandelt auch Seneca häufig das Thema der Freundschaft, bzw. der richtigen Freunde.

Im 9. Brief an Luculius beschäftigt sich Seneca mit der Frage des Luculius, ob Epikur zu Recht die Philosophen tadelt, die den Grundsatz vertreten: "Der Philosoph ist sich selbst genug, er braucht keine Freunde."

Dagegen wendet Seneca ein: „Der Weise wünscht, auch wenn er sich selbst genügt, doch einen Freund zu besitzen, wäre es auch aus keinem anderen Grund, als um die Freundschaft zu üben, damit eine so große Tugend nicht brach liege.“

Es geht bei der Freundschaft also nicht darum, jemanden zu haben, der – wie Epikur behauptet - bei einem sitzt, wenn man selbst krank ist, oder der einem helfen kann, wenn man selbst in Not ist, sondern genau um das Gegenteil, also darum, „jemanden zu haben, an dessen Krankenlager er selbst sitzen, den er, von feindlichen Wachen umgeben, befreien könne.“

Epistulae morales ad Lucilium (Paris, 1887)
Seneca spricht sich damit in aller Deutlichkeit gegen die „nützlichen Freundschaften“ aus: „Wer des Nutzen wegen zum Freunde genommen worden ist, wird so lange gefallen, als er sich nützlich machen wird.“ Aus diesem Grund könne man auch gut beobachten, dass die Glücklichen und Erfolgreichen stets von einem Schwarm von „Freunden“ umgeben sind. Sobald diese aber auf die Probe gestellt würden, machten sich die „Freunde“ schnell davon.

Dies sei keine Freundschaft, sondern „Spekulation, die ihrem Vorteile nachgeht und berechnet, was sie gewinnen wird.“

Welche Vorstellung von Freundschaft ist also die Richtige? Seneca zweifelt nicht an einer Antwort: Man solle an die Freundschaft herantreten „wie zu einem Gegenstand von höchster Schönheit“, die sich weder von Gewinnsucht beherrschen lasse noch vom Wechsel des Schicksals erschrecken ließe. Wer also  Wie soll man also die Freundschaft nur „für die Fälle des Glücks stiftet“, der „entkleidet die Freundschaft ihrer erhabenen Würde.“

Zitate aus: Seneca: Vom glückseligen Leben, Stuttgart 1978 (Kröner), hier: Moralische Briefe an Luculius, 9. Brief. S. 198ff.

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